Alles Gute zum 20.
J-RPGs, und damit meine ich die typischen SquareEnix-Spiele für die 16- und 32-Bit-Konsolen-Generationen, könnte man als so etwas wie die Daily Soaps oder berühmt berüchtigten Heft-Romane für die einsame Hausfrau, die vor jedem Bahnhofskiosk ausliegen, ansehen. Aber dann hätte man einen
ganz schlechten Geschmack, was Videogames betrifft und müßte sich zu Recht von mir als Kost- und Kunstverächter beschimpfen lassen ;P .
Zugegeben - Die Final Fantasy-Reihe & Consorten weisen schon ein paar Soap-Elemente auf: Den Plot dieser Titel darf man wohl getrost als konservativ und größtenteils sogar als einfallslos bezeichnen, zumindest nach der n-ten Fortsetzung.
Auch bei den Charaktären handelt es sich häufig um eindimensionale Stereotypen, die man so oder so ähnlich schon hundertfach gesehen hat: Der Held ist prinzipiell ein 15-jähriger blonder Junge, dessen nächste Verwandten vom übermächtigen Zauberer X, der aus der Verbannung aus der Dimension Y zurückgekehrt ist, mit samt deren Heimatdorf dem Erdboden gleich gemacht wurden.
Ihm schließen sich im Verlauf des Spiels der greisenhafte Elementarmagier, der selbst schon einmal während der Pubertät den bösen X aus ihrer Welt verbannt hat, die junge hübsche Heilerin, die noch nicht weiß, daß sie eigentlich eine waschechte Prinzessin ist, sowie sein bester Freund, edler Ritter(sanwäter) ohne Furcht und Tadel, an.
Gemeinsam bekämpfen sie so lang zufällig auftauchende abgefahrene Monster, bis sie stark genug sind, um den Oberbösewicht einen Kopf kürzer zu machen.
Auch die Kampfsysteme der verschiedenen Spiele sehen sich in etwa so ähnlich wie Gänse- und Straußen-Eier, Früher mehr, heute wird meistens etwas weniger rundenbasiert nah- und fern-gekämpft, Feuerteufel beschworen und hie und da die eine oder andere Phoenixfeder eingesetzt.
Stößt man auf einen Speicherpunkt, weiß man, daß einem in nicht all zu ferner Zukunft ein Boss-Fight blüht Man sollte also die Gelegenheit beim Schopfe packen, Gesundheit und Mana seiner Party-Mitgleider auffrischen, abspeichern und sich auf einen langen, kräftezehrenden Kampf einstellen. Zur Belohnung dürfen der Held und seine Gefährten aber hinterher eine nette Cutscene ansehen, von einem Storytwist überrascht werden oder einen neuen, unbekannten Kontinent erforschen.
"Sorry, the princess is in another castle!" - So läuft das meistens ab..
Aber anstatt Soap Operas zum Vergleich zu bemühen, würde ich Konsolen-RPGs eher mit einem Theaterstück gleichsetzen: Das Skript und die Charaktere, von denen es handelt, unterliegen selten großer Veränderungen. Jedoch ist jede Inszenierung unterschiedlich Es wird jedes Mal ein neues Bühnenbild angefertigt, neue Kostüme geschneidert, Regisseure und Schauspieler lassen ihre ganz eigene Interpretation in das Stück mit einfließen, sodaß bei jeder neuen Aufführung dem Werk etwas hinzu gefügt wird.
Ich denke, so ist es auch bei den Square-Spielen. Man kann sie mit dem Argument, das sei doch immer der gleiche Unsinn, abbügeln oder die jeweils unterschiedliche Persönlichkeit der einzelnen Titel würdigen.
Besonders erwähnenswert sind wohl das Skill-System aus Final Fantasy II, beim dem sich eine Fähigkeit verbessert, je häufiger man sie verwendet, das exzellente Job-System aus Final Fantasy V, das den Party-Mitgliedern ermöglicht, einen von 25 verschiedenen Jobs zu wählen, zu wechseln und mit den unterschiedlichsten Fähigkeiten zu kombinieren, und dann währe da noch Bahamut Lagoon.
Dort erhält man die Kontrolle über 6 Gruppen mit je 4 Mitgliedern und einem Drachen. Sowohl die Klassen der einzelnen Partymitglieder wie auch die Fähigkeiten der Drachen bestimmen die Eigenschaften der Gruppe Und wirken sich wiederum auf die Stärken und Schwächen der Käpfer aus.
Beispiel gefällig? Steckt man zwei Cross-Knights in eine Gruppe, verdoppelt sich deren Angriffsstärke. Ist zudem ein Drache dabei, der sich auf das Feuerspeien versteht, erhalten die Gruppenmitglieder zusätzlich einen Bonus auf Feuer-Element-Zauber oder -Angriffe.
Selbstredend kann man ebenfalls ein ganzes Arsenal verschiedener Waffen, Rüstungen und Ausrüstungsgegenstände käuflich erwerben, seine Kämpfer, Zauberer, Heiler, Summoner, Lanzenträger und Assassins ausrüsten und das ist der ganz besondere Clou des Spiels an die Drachen verfüttern, die dadurch massiv an Stärke gewinnen und möglicherweise ihre Form verändern (Hat man das hinreichend verstanden, passiert
so etwas auch nicht wieder ;) ).
Außerdem bietet Bahamut Lagoon die interessanteste, lebensnahste Besetzung seit, ach, überhaupt! Mit einem absolut sympathisten und einfühlsamen Diktator, einer weinerlichen, verzogenen Prinzessin, wie es eben in keinem Buche steht, einem karrieristischen Salon-Revolutionär, einem homosexuellen Lustmolch von einem ergrauten Zauberer (lang bevor es einen Hagrid gab ;) ), einer Priesterin, die medikamentenabhängig ist und einem großmäligen Frauenhelden, der dank einer Gruppe Feministinnen ein hartes Los gezogen hat.
Hach, wenn ich an dieses Spiel denke, komme ich aus dem Schwärmen nicht mehr hinaus: Epische Kämpfe auf 25 Schlachtfeldern, dazu mehrere Extra-Herausforderungen für wirklich hartgesottene Gamer (es sei denn, man spielt im Ex-Play-Modus mit der gleichen Party, mit der man ein vorheriges Spiel beendet hat), eine Liebes-Geschichte ohne Happy End,
unverholen an jeder Ecke Sex, Sex, Sex, ein phantastischer Soundtrack, Monster-Kaninchen, lebendige Charaktere und genau die übliche käsige Story, die man erwartet hatte, *schwärm*.