"Solche
Spiele werden heute gar nicht mehr hergestellt.", hört und liest man
gelegentlich. Doch das sind nichts als Lügen, Lügen, Lügen, denn manchmal,
aber nicht immer, kann man solche Spiele auch heute noch kaufen, kaufen,
kaufen, kaufen.
Spiele wie
Noito Love 2, die so oldschool sind, daß man meinen könnte, Autor
Joakim Sandberg hätte sich auf eine Zeitreise in die Achtziger Jahre
begeben, dort ein tonnenschweres Arcade-Kabinett aufgebrochen und würde den
Inhalt des dort heraus gestohlenen Moduls nun im Internet verkaufen.
Die Auflösung von 320 x 240 Pixeln, ein "Press Start to Play"-Titelbild,
acht Continues, Highscore-Tabelle, Rating und hektische Synthie-Musik, die
einen wohl dazu animieren könnte, Münzen in einem Schlitz mit einer
Geschwindigkeit, als ginge es um sein Leben, zu versenken, machen das Spiel
zu einem einzigen Anachronismus.
Die wenigen Zugeständnisse an die
Gegenwart sind die Ideal-Standard-PC-Steuerung mit Mouse und Keyboard, der
moderate Schwierigkeitsgrad, der auch Bewegungs-Legasthenikern wie mir
erlaubt, das Spiel auf Normal bis zum Ende zu spielen und in den
Genuß der versteckten Charaktere zu kommen, deren Steuerungs-Prinzip sich
signifikant unterscheidet, sowie ein Tutorial, das einem alle Möglichkeiten
der Bewegung und Angriffs-Arten vermittelt und das Vorankommen erheblich
erleichtert.
Ein
paar Konsequenzen ziehen diese Neuerungen allerdings auch nach sich: Die
gleichzeitige Steuerung der Spielfigur und eines Fadenkreuzes ermöglicht die
besondere Mischung von Beat'em-up-, Horizontal-Shooter- und Jump &
Run-Elementen.
Wer sich nicht vorstellen kann, was sich hinter einem
derartigen Genre-Cocktail verbirgt, spiele die Demo denke sich
einfach, Mario wäre als Findelkind in einem tibetanischen Kloster unter
lauter Kung-Fu-Kampf-Mönchen aufgewachsen, könnte Minuten lang in der Luft
schweben und besäße explodierende Fäuste. Und wäre kein fetter Klempner mit
Schnauzbert, sondern Xoda Rap, felsenfest auf der Seite des Guten
stehend, heldenhaft mutig, wenn sie sich Horden gegnerischer Roboter
entgegen stellt und ihnen mit einem Crescendo von Schlägen die diabolisch
grinsenden Blechköpfe zertrümmert, die nicht kaum
sexualisierte, starke weibliche Hauptfigur.
Der Plot handelt dem entsprechend nicht von rosa gekleideten Prinzessinnen, die von Krokodilschildkröten entführt und in Burgen gesperrt werden, sondern ist direkt aus dem Leben gegriffen: Als Mitglied der Allianz zur Verteidigung des Planeten muß man sich seit zweihundert Jahren besiegt geglaubten, aus allen Richtungen auf einen zu strömenden Armeen von Roboter-Zombies jeglicher Couleur und anderen Schatten der Vergangenheit erwehren, Hindernisse, die einem in den Weg geworfen werden, überwinden und den nicht enden wollenden Attacken riesiger Bosse ausweichen und parieren - Man kennt das, ein typischer Montagmorgen.
Nicht, daß es bei den ständig den Bildschirm füllenden Feuerbällen
explodierender Roboterkörper, neuen Gegnern dieser sich im Sekundentakt
reproduzierenden Spezies und in Neon-Farben leuchtenden Projektilen der
Größe eines Elephanten besonders ins Gewicht fallen würde, doch Noito Love 2
fährt mit so detailreich gezeichneten Kulissen auf, wie kaum ein anderes
Spiel, beim dem Action ACTION geschrieben werden müßte. Zudem kommt dem
Spiel die Niedlichkeit beinahe schon zu den Ohren heraus, denn alles lächelt
und grinst, oftmals scheint es, als wurde die Farbpalette aus dem
Barbie-Universum importiert und selbst der Riesenhammer, der droht, mit dem
(ebenfalls Riesen-)Kopf der Heldin gewaltsam zu kollidieren, ist mit einer
Schleife verpackt. Man muß es einfach liebhaben.