Es folgt nun der Wetterbericht für die dritte September-Woche 2011..
Die Großwetterlage in der Zone entspricht, entgegen anders lautender Vorhersagen, keineswegs durchgehend klarem Himmel und Sonnenschein. In den Randgebieten der radioaktiv verstrahlten Zone um den im Jahr 2006 zum zweiten Mal explodierten Tschernobyl-Reaktor, in den Sümpfen, fegen in den nächsten Tagen mehrere Hitzewellen mit Höchsttemperaturen um die 900°C hinweg. In dem feuchtwarmen Klima muss man sich also ausnahmsweise wenig Gedanken über Mückenschwärme, die in stark radioaktivem Schlamm geschlüpft sind und sich unter Umständen vom Blut der mutierten Wildtiere ernährt haben, machen. Man sollte es jedoch zu seiner eigenen Sicherheit vermeiden, draußen längere Ausflüge mit der dort ansässigen S.T.A.L.K.E.R.-Fraktion der Wissenschaftler, die sich Clear Sky nennt, zu unternehmen, wenn man keine Immunität gegenüber den heftigen und in der Regel tödlichen Eruptionen des Wunschbringers aus dem Kern des Reaktors besitzt. In Bodennähe ist mit dem stellenweisen Auftreten von Knall-Anomalien zu rechnen, wir empfehlen daher, sich, Schraubenmuttern werfend, höchstens mit Schrittgeschwindigkeit fortzubewegen.
Auf dem
Gebiet des Kordon ist am südlichen Ende mit starkem Kugelhagel zu rechnen,
der dort ansässige Militär-Posten hat extrem kompetentes Personal
eingestellt und außergewöhnlich gute Ausrüstung angeschafft, namentlich eine
reichweitenstarke Minigun, die jeden unerfahrenen und schlecht
ausgestatteten Stalker auf einen Kilometer Entfernung zusammenschießt. Viele
Anomalien und Mutanten, die noch vor einem Jahr das Durchqueren der
idyllischen Landschaft fast unmöglich machten, sind mittlerweile aus dem
Kordon verschwunden. Doch sollte man nur zusammen mit einem kundigen Führer,
zum Beispiel "Wolf" von den in der Regel freundlichen und hilfsbereiten
Stalker-Einzelgängern, dieses Wagnis unternehmen, denn uns erreichten auch
Berichte von vereinzelten dort über das Land fegenden Eruptionen, vor denen
man unbedingt in einem der verlassenen Gehöfte Schutz suchen sollte, die
jedoch deutlich sicherer sind als die Holz-Verschläge in den Sümpfen.
Reisende, die sich auf dem stillgelegten Eisenbahn-Damm bewegen, sollten
darauf achten, die tiefhängende Teleportations-Anomalie in Höhe der Brücke
weiträumig zu umgehen, falls sie sich nicht plötzlich in einem Tunnel
wiederfinden wollen.
Auch der Schrottplatz ist weitgehend frei von gefährlicher Strahlung. Trotzdem ist dieser Ort noch genau so unwirtlich wie in vergangenen Zeiten, da der Himmel weiterhin fast täglich wolkenverhangen ist und die Niederschlagsmenge in diesem Jahr schon den Jahresdurchschnittswert von Schottland überschritten hat. Zudem liegen über der kahlen Ebene ätzend saure Nebel-Bänke, die man aufgrund ihres hellen grünen Leuchtens jedoch leicht erkennen und umgehen kann. Des Weiteren müssen wir sie auf eine Reise-Warnung des Auswärtigen Amts aufmerksam machen, die Touristen wegen einer extremen Zunahme von Räuberbanden von einem Besuch des Schrottplatzes abrät. Sollte sich ein Transit tatsächlich nicht vermeiden lassen, wird gerade Geschäftsreisenden, die wertvolle Ausrüstung und viel Bargeld mitführen, empfohlen, sich mit genügend großkalibriger Munition und einem schallgedämpften Scharfschützen-Gewehr auszurüsten. Achten sie beim Betreten eines Gebäudes unbedingt auf Sprengfallen und darauf, dass sie sich nicht an einem der vielen verrosteten scharfkantigen Gegenstände in dieser Gegend verletzen.
Trotz
wechselhaften Wetters werden in diesem Jahr wieder viele Natur-Freunde im
dunklen Tal erwartet. Nirgendwo sonst kann man so zahlreiche freilaufende
Herden mannshoher Wildschweine, Bluthunde und Fleischmonster in ihrer
natürlichen Umgebung (meist) ungestört beobachten. Zögern sie nicht, dem
dunklen Tal mit seiner komfortablen Infrastruktur einmal einen Besuch
abzustatten. Die Freiheits-Fraktion betreibt dort einen
Gebrauchtwarenhandel, einen Upgrade- und Reparatur-Shop für Waffen und
Schutz-Anzüge sowie eine urige Bar in einer szenigen Location zwischen den
rohen Beton-Stützen einer verlassenen Fabrik und kümmert sich durch
verschiedenste kleine Aufträge um ein abwechslungsreiches Rahmenprogramm.
Wer in der weitläufigen, hügeligen Landschaft einmal die Orientierung
verliert, sollte sich nach der besonders in der Nacht gut sichtbaren
Landmarke im zur Fabrik gehörenden Verbindungsgang, einem ewigen, hell
loderndem Feuer, richten und dabei darauf achten den Sicherheitsabstand zur
ehemaligen Tankstelle, in der sich laut Berichten unseres Korrespondenten
Söldner Narbe gut getarnte, scheinbar nicht zu verletzende Blutsauger
aufhalten, nicht zu unterschreiten.
Die Zone
ist anders, Faustregeln, die für den Rest der Welt absolut zuverlässig sind,
gelten in ihr meist nicht. Wer sich auf dem Boden der sonnigen, herbstlich
warmen Senke niederläßt, in dessen Zentrum sich das
Agroprom-Forschungsinstitut befindet, und von Blitzen und fernem Donnern
aufgeschreckt wird, sollte unter keinen Umständen in einem Gebäude Schutz
suchen. Kein Gewitter ist die Quelle der Geräusche, sondern ein
Anomalie-Typ, der nicht nur unvorsichtigen Nagern in den längst verlassenen
Labors des Agroprom-Instituts zum Verhängnis werden kann. Und nicht nur
Ratten und Hunde scharen sich um den Komplex, als gäbe es dort noch frisches
Getreide zu holen, sondern auch viele sich gut zu tarnen wissende Snorks,
gut durch die Gasmaske, die sie über dem entstellten Gesicht tragen, zu
identifizieren. Doch wenn man die erkennt, ist es wohl schon zu spät und sie
weiden einem gerade die Bauchhöhle aus.
Die Regenwahrscheinlichkeit in Yantar: Circa 50%. Genauer läßt sich das
leider nicht spezifizieren, da von den Klima-Forschern, dessen befestigtes
Lager sich inmitten der Schlamm-Kuhle des ehemaligen Yantar-Sees befindet,
nicht all zu viel nach außen dringt. Wegen der Nähe zum "Hirnschmelzer",
dessen Emissionen jeden, der ihm zu nahe kommt, in einen willenlosen Zombie
verwandelt, sollten Informationen aus Yantar mit Vorsicht genossen werden,
die Wahrnehmung spielt einem in Gegenwart dieser infernalischen Maschine
gern einmal einen Streich. Gummistiefel und Pumpgun gehören also zur
Grundausstattung eines jeden Yantar-Reisenden.
Über den malerischen Roten Wald, dessen Bäume in märchenhaften Farben im wahrsten Sinne des Wortes strahlen, und das lebendige Zentrum mit dem früher hochmodernen Hotel, Schwimmbad, Kaufhäusern und dem berühmten Devil's Wheel der ehemaligen Vorzeige-Stadt der Sowjetunion, Prypjat, liegen uns bedauerlicherweise keine zuverlässigen meteorologischen Daten vor, da diese Areale nur unter großen Anstrengungen mit teurer Ausrüstung, die nicht leicht zu beschaffen ist, einigermaßen komfortabel durchquert werden können. Der Zugang zum Kernkraftwerk jenseits der zerstörten Brücke zwischen den steilen Flußufern ist der am härtesten umkämpfte Punkt in der Zone, die Aussicht, ihre Mitte bald zu erreichen und unter einem Gold-Regen zu stehen, nachdem der Hirnschmelzer stabilisiert wurde, beflügelt Stalker aller Parteien und kann dazu führen, daß Verbündete einem plötzlich in den Rücken fallen. Zudem liegen uns Berichte eines Informanten vor, dass eine erneute Eruption aus dem Reaktor-Inneren bevorsteht, die verheerende Ausmaße annehmen und die Zone so stark, wie seit ihrer Entstehung nicht mehr, prägen könnte.