Dezember 10, 2004 9:26

Auf die Augen

Ich will garnicht erst wieder mit ’anspruchsvoller Freizeitgestaltung’ anfangen, aber wen dann und wann die Langeweile quält, wer ein wenig Entspannung sucht, um der erdrückenden Realität entfliehen zu können, das Zusammensein mit Menschen scheut und selbst nichts auf die Beine gestellt bekommt - oder, um nicht ganz so fatalistisch zu erscheinen - einfach Spaß an solchen Dingen hat oder der Un-Kultur verfallen ist, ständige eine Hintergrund-Beschallung beim lernen, lesen, gamblen, was auch immer zu brauchen (eigentlich genau so ärmlich, wie die zu zweifelhafter Berühmtheit elangten ’Partner-Geräusche auf CD’ oder die ’Partner-Tapete’, aber, was rede ich, in meiner Gegenwart müssen ja schließlich auch immmer Bilder im Hintergrund zappeln), dem seien hier ein paar Kleinigkeiten zum Zeitvertreib angeraten: Auf riot-films.com kann man seit kurzem den Machinima-Film "Only The Strong Survive" herunterladen. Basiert auf der Max Payne 2-Engine und ist eigentlich schon aufgrund seiner technischen Qualität sehenswert. Die Story, naja, vorerst etwas krude und dünn, aber es soll sich ja um den ersten Teil einer Trilogie handeln.. Ich halte mich mal mit einem vorschnellen Urteil zurück.
Wer noch nichts von Machinima gehört und gesehen hat, der bekommt vielleicht Lust auf mehr oder läßt sich dazu hinreißen, selbst aktiv zu werden. Frohnaturen dagegen sei eher der Gang auf mega64.com geraten, wo drei Dudes den Gedanken, was wäre, wenn sich Videospiele in unserer alltäglichen Welt abspielten, in die Realität umgesetzt haben. Ein komödiantisches Schmankerl bildet z. B. MGS im Einkaufszentrum, wogegen ein einsames Tetris-Element in dieser Szenerie sehr bemitleidenswert und verloren wirkt (Beinahe hätte ich wegen ihm eine Träne vergossen). Die Idee, Frogger real umzusetzen, halte ich allerdings für noch reichlich unausgegoren ;) Kiffer und andere Nachtschwärmer dürften sich über das Spät-Programm des HR freuen, wo in der ’Late-Lounge’ ziemlich chillige Videos mehr oder weniger bekannter Künstler laufen.
Wer heute Nacht allerdings des Grübelns und Nachdenkens überdrüssig wird, sollte VOX einschalten, denn dort gibt es im Rahmen des DCTP Kioskes "Kozure Okami" zu sehen, eine für Europäer wahrscheinlich absolut ’abgefahren’ anmutende Serie über einen einsamen Cowboy Samurai, der sich nach Entehrung usw. usf. mit seinem kleinen Sohn, den er mit einem Karren durch die japanische Pampa schiebt, als Auftragskiller verdingt
Es ist jedenfalls mal was anderes als die ganzen 0815-Kung-Fu-Flicks oder ’Bernd, das Brot’ oder das Kaminfeuer (Gibt es das eigentlich noch? Es hieß ja, daß diverse Leute deswegen im Halbschlaf die Feuerwehr gerufen hätten!). Ich bin der Meinung, ich müßte es ja eigentlich garnicht erwähnen, aber an dieser Stelle will ich doch noch einmal ’Tracks’ auf arte lobpreisen, also beide Daumen hoch und: "Anschauen!" (Es tut mir schrecklich leid, polylux. Auf eurem Sendeplatz läuft die Tracks-Wiederholung, da habt ihr keine Chance.).
Dennoch hat das Thema einige Aktualität, wo doch viacom sich entschlossen hat, die letzte(n) anspruchsvolle(n) Sendung(en), die sich fast als einzige überhaupt richtig mit Musik beschäftigt haben, aus dem offiziellen ’Musik-Fernsehen’ zu verbannen.
Tracks, dem Parade-Beispiel für bildendes, vielfältiges und kulturell wertvolles Fernsehen, wird es sicherlich nicht schaden, zum Glück. Die Privaten liefern meiner Meinug nach (unter anderem) durch ihre Programm-Gestaltung immer wieder selbst die besten Argumente für Gebührenerhöhungen.
Selbst wenn sie ein Stück vom Kuchen abbekämen, würde doch trotzdem bald ausschließlich Klingelton-Werbung auf Viva und MTV laufen. Und welche Vorstellung diese Leute von ’ausgewogenem Journalismus’ haben, hat doch auch schon die Diskussion selbst, insbesondere die peinliche Show von und mit Klaus Strunz auf Sat.1, gezeigt. Da ich ja nun schon wieder beim Thema Glotze bin, will ich noch meinen Senf zum gestrigen "Tag X" im ZDF abgeben:
Ich finde es ja eigentlich gut, sich mit dem Thema ’Terrorismus in Deutschland’ überhaupt und vor allem kompakt unter verschiedenen Aspekten in einer längereren Sendung zu beschäftigen. Erfrischend wirkte auf mich auch der immer noch sensible Umgang mit nachgestellten Szenen, die die Zuseher als real empfinden könnte und die damit verbundene Erinnerung an die Geschehnisse um ’War of the Worlds’ ;)
Diese Art der Präsentation ist in meinen Augen allerdings auch der größte Kritikpunkt. Die gesamte Aufmachung der Sendung mit dem omnispräsenten grell eingefärbten "X", der ’musikalischen’ Untermalung mit verzerrten Polizei-Sirenen und die krimi-hafte Inszenierung der fiktiven Ereignisse. Ich denke, die Präsentation war viel zu aufgeregt und sollte zu sehr aufregen und die Zuschauer wach machen. Jedoch befinden sich die Medien auf einem Holzweg mit diesem Konzept. Je krampfhafter sie um die Aufmerksamkeit ihrer Konsumenten ringen, desto abgestumpfter werden sie reagieren - Die Medien verschärfen die "Aufmerksamkeits-Krise", Tag X ist ja nur eine Sendung unter vielen, die nach diesem Schema produziert werden.
Besonders im Fernsehen fehlt es an einer Klarheit im Programm, an Elementen, die man eindeutig auseinanderhalten kann. Es mag gern Themen-Schwerpunkte geben, aber bitte mit differenzierbaren Inhalten, dann wird der Konsument auch wieder ein Unabhängiger und kann sich Elemente auch willentlich zusammenstellen, und zwar anhand ihrer journalistischen Qualität. Also: Kauft keine amalgamierten Shows! - Aber auf mich hört ja wieder keiner.. Ein letztes noch zum Thema ’hören’. Es schint ja zu jedem Scheiß nen Sampler zu geben, also schließe ich mich diesem Wahn einmal an und fordere hiermit die ’Best-of-TV-Reportagen-Hintergrund-Mucke’-CD.. Aber Jetzt mal im Ernst!TM Ist es nicht auffällig, daß zu diversen Reportagen im Hintergund immer die gleichen Lieder laufen? Zu nennen sei da beispielsweise Airs ’All I need’ oder im Moment viele Tracks, die auch auf Erlend Øyes ’DJ Kicks’ zu finden sind. Mich interessiert brennend, wer da was nach welchem Schema auswählt.

Author: nille | Permalink | Category: kommentar, games