Schlecht geklont
Schlecht geklont. So nennt sich eine Rubrik im Magazin der Frankfurter
Rundschau, in der regelmäßig zwei Portraits von zwei Politikern,
Wirtschaftsbossen oder anderen bekannten Persönlichkeiten neben
einander gestellt werden. Das ist für sich genommen eigentlich nicht
gerade witzig oder informativ.
Wenn dabei aber Personen zusammenkommen, die in der Wirklichkeit Positionen
vertreten, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten, und dort wie
ein eieiiges Zwillingspaar mit der gleichen Mimik und Gestik abgebildet
werden, wirkt das auf mich unglaublich grotesk, wie aus einem parallelen
Universum, in dem alles umgekehrt zu unserer Welt verläuft. Ich
erwische mich dabei immer beim Nachdenken darüber, ob die beiden nicht
doch in irgend einem Bereich des Lebens auf einer Linie liegen könnten.
Ähnlich verhielt es sich als ich vor ein paar Tagen einen Screenshot
von Konamis in der Entwicklung befindlichem Konsolen-Shooter
Killer 7 auf dem Bildschirm sah und vor mir auf dem
Schreibtisch die CD-Hülle von
Interstate 76 lag. Ich dachte sofort:
"Schlecht geklont!".
Auf der einen Seite könnten die beiden Games nicht verschiedener sein,
Interstate ein Action-Rennspiel-Mischling, Killer 7 ein (Ego?)Shooter.
Interstate ein 97er PC-Klassiker, 3d-Spiel erster Generation, Killer 7, noch
nicht einmal in den Regalen, entwickelt für die sogenannten
NextGen-Konsolen.
Für zwei Spiele verschiedener Genres, aus unterschiedlichen
‘Epochen‘ und auf anderen Platformen ergeben sich allerdings auf
den zweiten Blick frappierende Ähnlichkeiten.. Die Optik und
Ästhetik stimmt ziemlich gut überein, denn I76 war damals
Top-Notch-Ass-Kicking-3D-Grafik, K7 will anscheinend mit seinem
Retro-Cel-Shading-Look und seinen klobig eckigen Models dieser Ästhetik
nacheifern. Beide Spiele sind auch ganz ähnlich inszeniert: Alles ist
hart und brachial und gleichzeitig überzogen, manchmal komisch, auf
bestimmte Symbole reduziert. Auf der einen Seite gibt es die düsteren
Männer mit elegant teuer wirkenden Anzug, Wrestler-Maske und riesigen
Kanonen, auf der anderen die machistischen Disco-Typen in enger Schlaghose
und mit Goldkette, Afro, Sonnenbrille und aufgemotzten und schwer
bewaffneten Muscle-Cars gerüstet. Beide stehen breitbeinig in einer bis
auf die wenigen monumentalen Landschaftsmerkmale leergefegten Wüste
unter einem weiten wolkigen Himmel. Dort harren sie ihrem Schicksal,
scheinbar haben sie nichts zu verlieren und wollen einzig ihren Wunsch nach
Rache erfüllen. Sie sind der Lonesome Cowboy in der Endzeit-Wüste,
einer Arena, die ihr früheres Umfeld verschlungen zu haben scheint.
Beide sind auf dem gleichen Trip ohne Wiederkehr, folgen dem selben
Instinkt, werden gleichwertig, obwohl der eine vorher ein Milchbubi und der
andere ein abgekochter Profikiller war.
Dem Spieler wird damit die Möglichkeit geboten, einen Augenblick den
Kampf gegen seine eigenen Dämonen ruhen zu lassen und der Welt, in der
man immer eine vernünftige Lösung finden muß, den
Rücken zu kehren, den beiden einsamen Wölfen auf dem Pfad der
Rache zu folgen, in dem man mit Vollgas durch die Wüste brettert oder
seine beiden big fucking Guns durchlädt.
Bitte schalten Sie auch nächste Woche wieder ein, wenn es heißt:
"Videospiele interpretieren für Dummies, Teil 2" ;)