What's NEXT?
Science is as corruptible a human activity as any other. Its
practitioners aren't saints. They're human beings and they do what human
beings do: Lie, cheat, steal from one another, sue, hide data, fake data,
overstate their own importance and denigrate opposing views unfairly.
That's human nature - It isn't going to change.
In Michael Crichtons neuem Science Fiction-Roman
NEXT existiert kein
"Master-Plan", kein wahnsinniges Genie, keine geheime
Regierungsorganisation, kein Komet aus dem Weltall, es steht auch nicht die
Existenz des halben Planeten auf dem Spiel - Zumindest wird eine globale
Bedrohung nicht explizit erwähnt.
NEXT warnt nicht mit erhobenem Zeigefinger vor den Risiken von
ungezügelter Forschung und Technik, wie es vielleicht bei
"Andromeda Strain" der Fall war, hier geht Crichton deutlich
subtiler zu Werke.
Es werden nicht nur mögliche Gefahren portraitiert, sondern es wird
auch ein hoffnungsvoller Ausblick, zum Beispiel auf die Heilung von
Erbkrankheiten, gewährt. Die eigentliche Gefahr scheint nicht per se
von der Technologie auszugehen, sondern von den Eitelkeiten,
Sorglosigkeiten, Verwicklungen und der Gier der in episodischer Form
portraitierten Beteiligten.
Crichton bildet den ganzen Mikrokosmos des "nächsten großen
Ding", der Gentechnik, in etwa so ab, wie Douglas Coupland die
Arbeitsbedingungen der "Mikrosklaven" in der Software-Industrie.
Auch das Milieu in NEXT gleicht dem von "Microsklaven", es sind nicht
allein
Forscher und Labor-Techniker, die die Handlung bestimmen; sie
befinden sich im Spannungsfeld zwischen Journalisten, PR-Beratern,
Anwälten und Risiko-Kapital-Gebern, die ihre eigenen Interessen
verfolgen und alle gern ein Stück vom Kuchen abbekommen würden.
Vieles erinnert an die DotCom-Blase: Die großen Pharma-Unternehmen
(und Universitäten, die sich kaum noch von Großkonzernen
unterscheiden) sind von kleinen, innovativen StartUp-Firmen abhängig,
die unter ernormen Druck stehen, marktreife Produkte zu entwickeln. Ethische Bedenken,
Labor-Sicherheit, langwierige klinische Studien und Gesetzgebungsverfahren
müssen in diesem Umfeld schon einmal hinter
IPO und
Return of
investment zurück stehen.
Die Verlockungen durch das ganz große Geld in diesem Geschäft
sind groß. So kommt es im Buch dazu, daß hinterrücks
lebendigen wie verstorbenen Patienten Gewebeproben entnommen werden, um
daraus Zell-Linien zu ziehen und gegen horrende Summen zu verkaufen. Die
Kontrollen sind lasch, die Begehrlichkeiten hoch: Gentechnik-Experten werden
von den Medien wie Rock-Stars behandelt haben die Möglichkeit, durch
den Handel mit Patanten auf das menschliche Genom, genau so viel Geld zu
verdienen wie Rock-Stars. Es ist nicht verwunderlich, daß es dazu
kommt, daß Labor-Techniker ihre eigenen "Feld-Versuche"
mit genetisch veränderten Retroviren an Obdachlosen und dem eigenen drogenabhänigen Bruder durchführen,
weil sie sich Ruhm und Anerkennung versprechen oder glauben, das
Wunder-Medikament sei zum Greifen nah.
Eigentlich erwartet man, daß diese Themen in der Tageszeitung
oder einem aktuellen Sachbuch aufgegriffen werden und nicht in einem
SciFi-Roman.
Das Buch ist brandaktuell, es werden
immer wieder aktuelle Ereignisse, wie die Experimente auf dem Gebiet der
Stammzell-Forschung unter der Leitung des Südkoreaners
Hwang Woo-suk, die
2005 als Fälschung entlarvt wurden, mit der fiktionalen Handlung
verwoben.
Es wäre nicht verwunderlich, würde morgen in der
Tagesschau über einen transgenen Orang Utan berichtet werden, der aus
einem Labor in Sumatra ausgebrochen ist und
in Holländischer Sprache Fluchen
kann.
Das letze Beispiel zeigt auch, daß NEXT mehr ist, als nur ein
Wissenschafts-Thriller: Crichton hält (wie Coupland) der dekadenten und
nur noch auf Oberflächlichkeiten bedachten westlichen Gesellschaft den
Spiegel vor und läßt die Protagonisten die, nur auf
den ersten Blick, absurdesten Prozesse, beispielsweise richterlich
angeordnete DNA-Screening-Tests in Sorgerecht-Streitigkeiten, vor Gericht
ausfechten, konfrontiert sie mit den schlimmsten Fällen von
Vettern-Wirtschaft, Büro-Intrigen und haarsträubenden Zeitungs-Enten.
Bevor der Zeitgeist die Fiktion überholt, sollte es jetzt für alle Lese-Labor-Ratten eigentlich nur noch
heißen:
Ran an den Schinken!