Goodbye!
Schon wieder ist einer meiner liebsten Schriftsteller verstorben: Stanislaw Lem am 27. März im Alter von 84 Jahren.
Eigentlich schon seit einigen Jahren, seit erscheinen der letzten Essays auf
Telepolis, die übrigens auch rückblickend auf vergangene Entwicklungen noch einigen Erkenntnisgewinn versprechen, fehlt mir Lems mahnende Stimme, was Sinn und Unsinn so genannter revolutionärer neuer Technologien betrifft. An den mir bekannten Werken mochte ich besonders, daß sie nicht um irgendwelche märchenhaften Zauberschlösser aus der Welt von Übermorgen, sondern immer um den Menschen zentriert sind. Das heißt, daß Lem sich nicht an den wunderbaren Möglichkeiten ergötzte, die sich womöglich dem Menschen durch seine technischen Schöpfungen ergäben, wie es leider viele andere SF-Autoren tun, sondern ein realistisches Bild vom Menschen als Zwerg in mitten eines Ozeans, der vielleicht mit einem Boot den nächsten Wellenkamm überwinden kann, deshalb aber noch lange nicht zum Herrscher über die Meere wird.
Lems futuristische Erzählungen waren für mich immer auch Allegorien auf die Wirklichkeit, da die Kulissen, in denen sie spielen, sich beliebig durch heutige oder vergangene Szenarien ersetzen ließen, was sicherlich beabsichtigt war. Wenn ich über Klimaforscher lese, die sich für ein halbes Jahr in völliger Dunkelheit in einem Container-Dorf bei -50°C auf einem polaren kilometer-dicken Eis-Schelf einnisten, um aus ein paar Metern Tiefe einige Bohrkerne aus Eis zu fördern, während sich die öffentliche Diskussion darum dreht, wie man im nächsten Jahr noch den Sprit für seinen SUV mit 5 Litern Hubraum bezahlen kann, werde ich jedenfalls unweigerlich an
Solaris (..und jetzt sollte bitte niemand auf die Idee kommen, sich die Schnulz-Verfilmung von Soderbergh aus der Videothek auszuleihen, dann schon eher die großartige DEFA-Verfilmung seines ersten veröffentlichten Romans,
Der schweigende Stern) oder
Rückkehr von den Sternen erinnert.
Stanislaw Lem wird für mich immer als der Mensch in Erinnerung bleiben, der einem den Spiegel vorhält und daran erinnert, daß beispielsweise das Internet die massenhafte Verbreitung von Pornographie und nicht von Hypertext-Literatur hervor gebracht hat - und das war auch für mich eine denkwürdige und auch etwas merkwürdige Erkenntnis.. Deshalb empfehle ich hiermit auch dringend, dem obigen Link zu TP zu folgen oder wieder einmal eine Bücherei zu besuchen!